Johann Maria Farina und seine Tochter Louise. Foto: Eppinger

Köln | Vor mehr als 300 Jahren wurde vom Kölner Johann Maria Farina das „Eau de Cologne“ erfunden, das weltweit seinen Siegeszug antrat und das heute für eine gesamte Parfüm-Gattung steht. Geleitet wird das Familienunternehmen in der achten Generation von Johann Maria Farina.

Seine Tochter Louise wird die Duftdynastie künftig in der neunten Generation fortführen. Sie ist die zweite Frau an der Unternehmensspitze. Wir haben mit dem Vater und der Tochter in Köln gesprochen.

Welche Auswirkungen haben aktuell die Pandemie und der Ukraine-Krieg auf Ihr Unternehmen?

Johann Maria Farina: In den vergangenen beiden Jahren war die Situation katastrophal, weil die Käufer bei uns ausgeblieben sind. Jetzt geht es langsam wieder aufwärts. Der Krieg in der Ukraine hat für uns einen kleinen Dämpfer mit sich gebracht. Trotzdem fängt das Leben wieder an und die Käufer kehren zu uns zurück. Allerdings haben wir jetzt ein Problem mit dem Nachschub. Die Lieferzeiten sind länger geworden und die Preise unserer Zulieferer sind gestiegen.

Das Unternehmen, das das Eau de Cologne erfunden hat, gibt es inzwischen seit mehr als 300 Jahren. Was waren in diesen drei Jahrhunderten die größten Veränderungen und Einschnitte?

Johann Maria Farina: Veränderungen bei Farina haben sich immer durch die veränderten politischen Rahmenbedingungen ergeben, die Einfluss auf unsere jeweiligen Absatzmärkte hatten. Dazu gehörte die Französische Revolution genauso wie die Preußen in Köln oder der Erste und Zweite Weltkrieg. Das waren jeweils heftige Einschnitte für uns. So konnten wir nach dem Ersten Weltkrieg unser Parfüm nicht mehr nach Berlin liefern und mussten dort eine Abfüllstation für die östlichen Gebiete errichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es solche Abfüllstationen in Italien und Spanien, die wir dann nur mit der Essenz und den Verpackungsmitteln versorgt haben. Mit der EU wurde das dann alles hinfällig.

Ihre Tochter Louise wird das Unternehmen fortführen. Sie ist dann die neunte Generation an der Spitze von Farina. Im Jahr 1792 leitete schon einmal eine Frau das Haus.

Johann Maria Farina: Maria Magdalena Farina leitete unser Unternehmen, nachdem ihr Mann gestorben war. Sie hatte es schon zu seinen Lebzeiten aktiv mit betreut. 1792 übernahm sie als Witwe mit ihren drei Söhnen die Verantwortung. Im Kölner Adressbuch war dann die Firma Witwe Johann Maria Farina verzeichnet. Als Witwe hatte Maria Magdalena die gleichen Rechte wie ihr Mann. Als Ehefrau war das noch nicht der Fall gewesen.

Wie wird aktuell der Wechsel der Generationen bei Farina vorbereitet?

Louise Farina: Ich habe im Februar mein Chemie-Studium an der Uni Köln abgeschlossen. Ab September werde ich ein Doppel-Masterstudium an der ISIPCA in Versailles und an der Uni in Padua absolvieren.Die ISIPCA gilt als die Ausbildungsstätte für die Parfümerie weltweit und ich habe mich für den „Master Fragrance and Cosmetics“ eingeschrieben. In Padua folgt dann ein Master in „Business & Management“, spezialisiert auf den Parfüm- und Kosmetik-Sektor.

Nach dem Studium geht es dann ins Familienunternehmen?

Louise Farina: Mit unserem Unternehmen bin ich schon als Kind in Berührung gekommen. Mit fünf oder sechs Jahren habe ich gemeinsam mit meiner Großmutter erstmals mein eigenes Parfüm gemischt. Gespräche über Düfte, aber auch über die geschäftliche Seite, habe ich von klein auf mitbekommen. Mit 15 bin ich erstmals mit meinem Vater zu Messen gefahren. Im Vorjahr habe ich in Grasse an einem Parfümerie-Kurs teilgenommen. Da haben wir zum Beispiel Jasminfelder besucht. Grasse ist die Metropole der Duftpflanzen und Duftstoffe, die eng mit uns hier in Köln vernetzt ist.

Stand es für Sie schon immer fest, dass Sie Parfümeurin werden wollen?

Louise Farina: Man hat mich nie dazu gezwungen, aber schon freundlich an die Hand genommen. Ich war als Kind viel bei meiner Großmutter und hatte damals schon meinen eigenen, kleinen Tisch im Unternehmen, an dem ich arbeiten konnte.

Was hat Sie am Beruf der Parfümeurin gereizt?

Louise Farina: Ich war schon immer ein sehr geruchsaffiner Mensch. Der Geruchsinn hängt sehr eng mit unseren Emotionen zusammen. Bestimmte Gerüche und Düfte erinnern uns an bestimmte Menschen. Ich liebe zudem Produkte, die hochwertig hergestellt und schön verpackt worden sind. Das ist der kleine Luxus, den sich viele Leute als täglicher Begleiter gönnen können. Ich verschenke daher auch sehr gerne unser Eau de Cologne. Mich interessieren außerdem Themen wie Cremes sowie Duft- und Haaröle, die für Farina künftig wieder eine größere Bedeutung haben könnten, da sie unseren Duft länger halten können.

Wie werden Sie bei Farina einsteigen?

Louise Farina: Ich habe schon jetzt bei uns meine eigenen Projekte in den Bereichen Internet, Social Media und Marketing. Nach meinem Masterabschluss werde ich Stück für Stück weiter ins Unternehmen einsteigen und Aufgaben übernehmen, die zu mir passen. Dabei will ich dann auch meine eigenen Schwerpunkte setzen, so wie das bei jeder neuen Farina Generation der Fall war. Mein Vater wird weiter im Unternehmen bleiben und mir mit seiner langjährigen Erfahrung zur Seite stehen.

Johann-Maria Farina: Das war bei mir damals genauso. Zunächst war ich nur für die Entwicklung zuständig, dann kam die Produktion dazu. Später wurde ich zum Geschäftsführer. So werden in der Familie die Rollen zwischen der älteren und der jungen Generation in einem fließenden Prozess getauscht. Jeder hat so seinen Bereich, den er optimal abdecken kann. Mit meiner Mutter habe ich 35 Jahre lang Seite an Seite zusammengearbeitet. Sie hatte 2013 unser Duftmuseum eröffnet und sich darum gekümmert.

Louisa Farina: Mein Vater traut mir jetzt schon viel zu. Aber es ist gut, seine Erfahrung und Vernunft als Rückendeckung zu haben. Im Team ergibt das den besten Ausgleich.

Wo werden Sie Ihre Schwerpunkte setzen?

Louise Farina: Es geht um die Verjüngung der 310 Jahre alten Marke und um eine Erweiterung der Zielgruppe. International verstärkt aktiv zu werden und so neue Kunden zu finden, ist heute im Online-Zeitalter auch dank der sozialen Plattformen deutlich einfacher geworden.

Johann-Maria Farina: Wir erleben derzeit in der Branche einen starken Wandel. Die Kunden legen sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit und Produkte direkt aus der Natur. Das gilt auch für die Verpackung, wo wir seit vielen Jahren den Plastikanteil deutlich reduziert haben. Heute werden nur noch Papier, Glas und Metall eingesetzt. Unser Eau de Cologne ist zudem ein Produkt, bei dem wir die meisten Rohstoffe aus dem Mittelmeerraum beziehen und so lange, interkontinentale Lieferwege vermeiden können.

Welche Bedeutung hat ein traditionelles Parfüm, wie Ihr Eau de Cologne, heute für die jungen Leute aus Ihrer Generation?

Louise Farina: Auch junge Leute lieben hochwertige Luxusprodukte wie Parfüm. Da man sich bei den Luxusmarken die teuren Handtaschen oft nicht leisten kann, setzt man auf den Duft dieser Marken, der durchaus bezahlbar ist. Darin sehe ich auch für uns ein großes Potenzial. Es geht nur darum, die Marke Farina bei meiner Generation bekannter zu machen. Dazu kommt der Trend zu leichten und frischen Düften. Die Zeit der zuckersüßen, schweren Aromen ist vorbei. Das ist ein weiteres Potenzial, das wir noch besser ausschöpfen müssen. Inzwischen haben viele meiner Freundinnen ein kleines Fläschchen Farina in der Handtasche, um bei vollen Räumen mit schlechtem Gerüchen sich etwas dann auf das Handgelenk zu geben. Damit wird unser Eau de Cologne so eingesetzt, wie das ursprünglich gedacht war.

Johann Maria Farina: Unser Eau de Cologne ist seit mehr als 300 Jahren derselbe Duft. Das ist ein gutes Produkt, bei dem es keinen Grund gibt, es zu verändern. Es ist der Namensgeber einer ganzen Gattung. Viele junge Leute kennen das nicht. Aber die es kennenlernen, sind begeistert. Das sehen wir immer wieder am positiven Feedback, auch aus dem Internet. Der Hauptkritikpunkt ist nur, dass der Duft nicht lange anhält. Würden wir das aber ändern, würde das Eau de Cologne seine Frische verlieren.