Köln | Das Unglück in Bangladesch, bei dem ein mehrstöckiges Fabrikgebäude aufgrund mangelnder Sicherheitsvorkehrungen in sich zusammenstürzte und über 900 Menschenleben forderte, hat eine weltweite Diskussion über die Arbeitsbedingungen in den Lieferländern entflammt. Welchen Beitrag der deutsche Handel zu einer verbesserten Situation in Bangladesch leisten möchte, haben Jan Eggert, Hauptgeschäftsführer der Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels (AVE) und Lorenz Berzau, Managing Director der Business Social Compliance Initiative (BSCI) auf einer Pressekonferenz mitgeteilt. Beide sehen erste Fortschritte ohne jedoch konkrete Zahlen oder Beispiele zu Bangladesch zu nennen.

Die Diskussion darüber, was der importierende Handel für die Fabrikarbeiter in Bangladesch tun könne, sei nicht an der AVE vorbeigegangen, sagte Eggert. Er betonte, der Handel habe ein „ein enormes Interesse daran, die Arbeitsbedingungen und Sozialstandards in seinen Lieferländern zu verbessern“. Dazu bedürfe es aber eines Bewusstseinswandels auf Seiten der bengalischen Unternehmer und der Regierung. Beide Akteure trügen wesentlich dazu bei, dass Themen wie Brandschutz und Arbeitssicherheit ernst genommen werden, so Eggert weiter. Dabei möchte der BSCI seine Audits-Kriterien deutlich verschärfen und auch unangekündigte Audits durchführen, fügte Berzau hinzu.

In Bangladesch gebe es rund 5.000 Fabriken im Textilbereich, rund 1.000 Fabriken seien in der BSCI involviert. Doch auch die Aussagekraft der Prüfkriterien stoße an seine Grenzen, gibt Eggert zu. „Ein Audit ist immer nur eine Momentaufnahme“, sagte er. Deshalb seien die Schulungen und Trainings zum Thema Brandschutz und Gebäudesicherheit umso wichtiger. Zur Zeit seien nur 21 Inspektoren der BSCI für alle Firmen im Einsatz, sagte Berzau. Dies solle sich bald ändern, denn die Regierung in Bangladesch plane 800 Inspekteure einzustellen.

Trotz Fortschritten keine Euphorie

Weitere Fortschritte in dem südasiatischen Land habe es zudem gegeben, so Eggert. Zunächst habe die Regierung in Bangladesch auf Druck der Öffentlichkeit Fabriken geschlossenen, die gegen Brand-und Gebäudesicherheitsbestimmungen verstoßen. Auf Drängen der Internationalen Arbeiterorganisation, der EU und ausländischen Initiativen soll die Regierung nun Arbeitsgesetze prüfen und überarbeiten. Aus Sicht von Eggert und Berzau mangele es aber nicht an Gesetzen, sondern an deren Einhaltung. Auch plane die bengalische Regierung über eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns abzustimmen.

Konkrete Beispiele und Zahlen zu Bangladesch fehlten allerdings sowohl im BSCI Jahresbericht als auch im Rahmen der Presskonferenz. Die Fortschritte und Erfolge machen der Hauptgeschäftsführer der AVE und der Direktor des BSCI anhand der BSCI-Ergebnisse fest. Im Falle der Nichteinhaltung der Prüfungs-Kriterien des BSCI gebe es zwar keine Sanktionen. Wenn aber nach zwei Re-Audits keine Anstrengungen der bengalischen Unternehmen erfolgen, dann sollten sich die Mitglieder der BSCI Gedanken machen, ob sie das Geschäftsverhältnis weiterführen wollen. Es gebe aber keine öffentlichen Statements von Seiten der deutschen Unternehmen, ob und wann sie sich von bengalischen Partnern getrennt haben. Dies sei Geschäftsgeheimnis, so Eggert.

Autor: Nelli Morkel
Foto: AVE Logo