Köln | Der Präsident des europäischen Parlaments Martin Schulz war heute zu Gast auf der Delegiertenversammlung der IG Metall Köln-Leverkusen und sprach über Europa. Die Kölner IG Metall verabschiedete eine Europa Resolution. Der erste Bevollmächtigte Witich-Rossmann erläuterte den morgigen Warnstreik bei Volvo und Renault Trucks, mahnte aber auch zu genereller Aufmerksamkeit zur Entwicklung im Automobilbau der von amerikanischen Mutterkonzernen wie Ford oder General Motors abhängig ist.

Ohne Europa geht es nicht

Martin Schulz hielt eine flammende und mitreißende Rede für Europa im Kölner Rautenstrauch Joest Museum, gegründet auf zumindest nachvollziehbaren Argumenten und bezog klar Position. In manchen Redepausen konnte man eine Stecknadel auf den Boden fallen hören. Unmissverständlich machte Schulz klar, dass bei wachsender Weltbevölkerung die Menschen in Europa nur Geeint in Zukunft eine Chance auf Wahrnehmung im globalen Dorf Welt hätten. 2040 leben rund acht Milliarden Menschen auf dem Globus und vier Prozent in Europa. Die dann auf 76 Millionen geschrumpfte Zahl der Bürger Deutschlands mache dann nur noch ein Prozent der Weltbevölkerung aus. Schulz gab zu, dass man Europa in Zukunft besser und anders machen müsse, erinnerte aber auch an die Werte orientierten Demokratien, die nach den Katastrophen, Kriegen und dem „Tiefpunkt der Menschlichkeit von Auschwitz“ entstanden seien und die Handreichung für die schuldbeladenen Deutschen nach 1945 durch die anderen europäischen Staaten.

Stärkung des europäischen Parlamentes erwartet

Schulz machte aber auch deutlich, dass er Europa auf das Wesentliche konzentrieren würde und nach innen den Staaten Freiheit für die Ausgestaltung geben würde. Deutlich sprach er sich für eine europäische Ratingagentur aus, die er sich in einer gemischt privaten und öffentlichen Ausgestaltung vorstellen könne, wo man aber, anders als bei den amerikanischen Agenturen, die Eigentümer und die Ziele kenne. Neben der Regulierung der Finanzmärkte sieht er aber auch die Notwendigkeit Umwelt- und soziale Standards zu etablieren. Da der Lissabon-Vertrag für die kommende Europawahl einen anderen Modus für die Bestimmung des Präsidenten der Europäischen Kommission vorsehe sieht Schulz hier aber Chancen voranzukommen. Er gehe davon aus, dass alle großen politischen Machtblöcke einen europäischen Spitzenkandidaten aufstellen werden und damit auch ein anderer Wahlkampf stattfinden werde. Denn der Präsident wird dann zwar immer noch von den Regierungschefs vorgeschlagen, aber anschließend vom europäischen Parlament gewählt und hat damit eine parlamentarische Mehrheit hinter und eine Minderheit hinter sich. Das werde die von vielen, auch in der IG Metall, geforderte Stärkung des europäischen Parlaments bringen.

Einheitliche Mindeststandards für sichere und faire Arbeit in Europa gefordert

Unterstützung findet Schulz bei der IG Metall Köln-Leverkusen, die einen entschiedenen und sofortigen Kurswechsel in der Finanz-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der EU-Kommission und der deutschen Bundesregierung hin zu einem demokratischen, ökologischen und sozialen Europa und eine Stärkung des europäischen Parlamentes fordert. Unter anderem soll dies durch eine demokratisch legitimierte europäische Wirtschafts- und Finanzregierung geschaffen werden. Einheitliche Mindeststandards für sichere und faire Arbeit gehören hierzu, wie auch eine Eindämmung des Niedriglohnsektors, so die IG Metaller. Mehr Mitbestimmung um ein starkes Gegengewicht zu den Shareholder-Interessen zu schaffen ist unter anderen, eine weitere Forderung. Zudem will man auch innerhalb der europäischen Gewerkschaften mehr Zusammenarbeit fördern.

Sorge um Arbeitsplätze bei Ford

Der erste Bevollmächtigte der IG Metall Witich-Rossmann ging auf die Probleme in der Region ein, unter anderem auf die Opel-Krise. Die habe zwar nichts direkt mit Köln zu tun, mahne aber sich die Abläufe von Entscheidungen in amerikanischen Mutterkonzernen genauer anzusehen, auch im Hinblick auf die Fertigung etwa des Fiesta in Köln. So protegiere GM seine Marke Chevrolet die vor allem in Osteuropa in die Märkte gebracht und Opel dagegen vernachlässigt werde. Amerikanische Manager, so die Mahnung des IG Metallmannes, sähen die Realitäten in Europa mit seinen Überkapazitäten durch eine andere Brille. Hier stehe man vor großen Herausforderungen, auch was die Umsetzung der Tarifverträge in den Unternehmen betreffe.

Besonders stark kritisierte Witich-Rossmann die ungleich Bezahlung von Arbeitnehmern und Managern. So sei es in seiner Jugend als skandalös empfunden worden, dass ein Manager viermal so viel verdiene, wie ein Arbeiter, verstehe man heute nicht, dass in einer TV-Talkshow, die Vertreterin der Linken Sarah Wagenknecht, eine Begrenzung der Manager Gehälter auf das 20-fache fordere. Man könne meinen, wir hätten den Verstand verloren, was Arbeit tatsächlich Wert sei, so Witich-Rossmann. Zu den kommenden Tarifverhandlungen erklärte Witich-Rossmann, dass man mit einer Kölner Forderung um die 5,5 Prozent in der Tarifkommission antreten wolle, aber durchaus sehe, dass es Betriebe gebe die volle Auftragsbücher hätten und andere bei denen es durchaus anders sei. Kritisch sehe man, dass es Unternehmen gebe, die sich aus dem Bereich der IG Metall herausmogeln wollen, obwohl es dort, wie in einem Metallbaubetrieb rieche, weil etwa Motoren zusammengestellt würden. Hier müssen die betroffenen Unternehmen, die sich zur Dienstleistung zählen wollen, mit Widerstand bei der IG Metall rechnen. Auch werde man darauf pochen, dass Unternehmen mit vielen Leiharbeitern auch einen freigestellten Bertriebsrat erhielten, wenn ihnen dieser zustehe.

Morgen Warnstreik bei Volvo und Renault Trucks

Im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen soll die Renault Trucks Zentrale Deutschland in Brühl mit ca. 80 Beschäftigten geschlossen werden, teilte die IG Metall heute mir. Dies solle bereits zum 30.06.2013 geschehen. Die dortigen Arbeiten sollen zukünftig die Kolleginnen und Kollegen der Volvo Trucks Zentrale in Ismaning mit übernehmen. Aus Sicht der Arbeitnehmervertreter sei das ein Unding, denn nach deren Informationen, seien die Beschäftigten dort bereits jetzt schon völlig überlastet. (Die Redaktion von report-k.de bemüht sich morgen eine Stellungnahme von Renault, bzw. Volvo einzuholen, was am heutigen Tage leider nicht mehr möglich war)

Autor: Andi Goral