Köln | aktualisiert | Die IG Metall spricht von einem der größten Warnstreiks in Köln. Vor dem Tor 3 der Kölner Fordwerke versammelten sich nach Angaben der Gewerkschaft rund 10.000 Metaller aus vielen Kölner Betrieben. Alleine 51 Busse brachten die Streikenden nach Köln-Niehl. Die Kölner Metallarbeitgeber, nennen die Aktion in Niehl „Streiktourismus“, kritisieren den Warnstreik als unverhältnismäßig und fordern „Verhandlungstisch statt Trillerpfeifen“. Die IG Metall fordert 5,5 Prozent mehr Lohn für 12 Monate, die Arbeitgeber bieten 2,3 Prozent an.

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5,5 Prozent mehr Lohn gefordert

Mit Sprechgesängen wie „Plus für uns – Plus für Alle“ sangen sich die 10.000 Metaller an diesem kühlen Maimontag warm. Um 9:56 Uhr fragte die Rap-Kombo von der Bühne: „Seid ihr bereit für Streik ??“ Antwort der Metaller: „Ja!“ Metaller aus über 20 Betrieben sind nach Köln-Niehl gekommen. Unter anderem von Ford, aber auch von der Deutz AG oder Rohde und Schwarz. Benjamin Gruschka, Vorsitzender der Vertrauensleute Ford Werke Köln erklärte das Angebot der Arbeitgeber für nicht akzeptabel und forderte klar 5,5 Prozent mehr Lohn für 12 Monate. Den 10.000 rief er zu: „Diese Aktion heute kann erst der Beginn sein, wenn sie nicht anders wollen.“ Gruschka hatte aber auch eine persönliche Botschaft an die Warnstreikenden und ermutigte seine Kollegen Mitgliederwebung für die IG Metall zu machen, denn nur aufgrund der vielen Mitglieder habe man bisher so viel erreichen können.

„Wir wollen kein Wasser wir wollen Kohle.“

Dieter Hinkelmann Vorstandsmitglied IG Metall, Gesamtbetriebsratsvorsitzender Ford Werke nannte das, was die Wirtschaft den Arbeitnehmern vor dem Hintergrund von Gehältern wie dem von VW Chef Winterkorn abverlange, eine „Riesensauerei“. Die heutige Aktion sei ein großes Zeichen der Solidarität unter den Arbeitnehmern, das aber auch notwendig sei. Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW machte seine Art der Rechnung auf: 2 Prozent Teuerung plus 1,5 Prozent mehr Produktivität mache mindestens 3,5 Prozent mehr ohne Verluste für die Arbeitgeber: „Wir wollen kein Wasser wir wollen Kohle. Wer gute Arbeit macht hat gutes Geld verdient“ Giesler sieht Deutschland in der Rolle des Konjunkturmotors Europas, daher stünden den Arbeitnehmern fünf Prozent zu.

Witich-Rossmann der erste Bevollmächtigte der IG Metall in der Region Köln erklärte, das die Arbeitgeber sagen würden,  man müsse auch mal Pause machen. Aber die wären wohl schon lange nicht mehr im Supermarkt gewesen. Dort machten die Preise auch keine Pause. Wer nur mit dem Dienstwagen fahre und den Fahrer an der Tankstelle tanken lasse, bekomme warscheinlich auch nicht mit, dass dort der Sprit ständig teurer würde. Den Arbeitgebern müsse endlich bewusst werden, dass man mit leitenden Angestellten allein keinen Fiesta produzieren könne. Die Forderung der IG Metall sei klar, verständlich und nachvollziehbar, so Witich-Rossmann.

Kölner Metallarbeitgeber sprechen von Streiktourismus

Äußerst irritiert zeigten sich die Kölner Metallarbeitgeber über den Aufruf der IG Metall zu einer der größten Warnstreik-Aktionen in der Region am kommenden Montag. „Mir fehlt jedes Verständnis für diese unverhältnismäßige Ausweitung der Warnstreiks zu diesem Zeitpunkt der Verhandlungen“, sagte Wolfgang Reß, Hauptgeschäftsführer vom Arbeitgeberverband kölnmetall. „Die neue Form eines Streiktourismus‘, mit dem Belegschaften unter erheblichem zeitlichen Aufwand auch über Ortsgrenzen hinweg zu zentralen Kundgebungen gefahren werden, stellt eine überzogene Dimension dar.“

Rechtlich nicht nachvollziehbar sei darüber hinaus das Einbeziehen von Unternehmen in die Streiks, die gar nicht dem Flächentarifvertrag unterliegen und folglich von den Tarifverhandlungen nicht betroffen sind, so die Arbeitgeber. Reß bekräftigte den Willen der Arbeitgeber, die Verhandlungen schnell zu einem verlässlichen und fairen Abschluss zu bringen, um Unternehmen und Arbeitnehmern rasch Planungssicherheit zu geben. „Angesichts der derzeit unsicheren konjunkturellen Aussichten gefährden Streikmaßnahmen wie diese die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen“. Reß forderte die IG Metall auf, die wirtschaftlichen Realitäten anzuerkennen und sich mit dem Angebot der Arbeitgeber nicht vor den Werkstoren, sondern am Verhandlungstisch auseinander zu setzen.

Tarifkonflikt: Metall-Arbeitgeber bieten mehr Geld gegen Flexibilität

Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie wollen die Arbeitgeber mit einem neuen Lösungspaket den Durchbruch bis Mittwoch im Tarifgebiet Bayern schaffen. „Falls es nicht am guten Willen fehlt, sollten wir jetzt das Rüstzeug für einen tragfähigen Kompromiss beisammen haben“, sagte der Präsident des Abreitgeberverbands Gesamtmetall, Rainer Dulger, in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstagausgabe). „Ich will eine Lösung bis Mittwoch.“

Um Spielraum für eine stärkere als die bisher angebotene Tariferhöhung zu schaffen, streben die Arbeitgeber eine längere Vertragslaufzeit und eine betriebliche Differenzierungsklausel im Tarifvertrag an. „Wenn wir uns auf eine deutlich längere Laufzeit verständigen, wird auch der Spielraum für eine Tariferhöhung deutlich größer sein“, sagte Dulger. „Ich finde, es spricht viel für eine Laufzeit von mehr 20 als Monaten, also bis ins Frühjahr 2015.“

Das erste Angebot der Arbeitgeber in Höhe von 2,3 Prozent für eine Laufzeit von 13 Monaten hatte die IG Metall im April zurückgewiesen. Zusätzlichen Spielraum für Tariferhöhungen wollen die Arbeitgeber nun auch dadurch schaffen, dass Betrieben mit schwacher Geschäftsentwicklung ein Abweichen vom abgestrebten Tarifabschluss erleichtert wird. „Mehr Spielraum für Flexibilisierungsklauseln im Tarifvertrag heißt mehr Spielraum für Tariferhöhungen“, sagte Dulger der Zeitung.

Erstmals seit 18 Jahren stellen sich die Arbeitgeber der Metall- und Elektroindustrie aktiv darauf ein, die bundesweit entscheidende Verhandlungsrunde nicht in Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen zu führen, sondern in Bayern. „Für die Arbeitgeberseite haben wir uns in den vergangenen Tagen mit einer überregional abgestimmten Strategie darauf vorbereitet, die Verhandlungen in Bayern zu einem Abschluss zu führen“, sagte Dulger. Die Arbeitgeber in Bayern hätten einen „neu und gut organsierten Verband“, lobte Dulger.

Überdies sei die Bedeutung der bayerischen Industrie in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Im Vorfeld der Verhandlungen wurde in Bayern am Montag auch gestreikt. Nach Angaben des Landesverbandes der IG Metall sollen bereits bis zum Nachmittag über 30.000 Menschen an den Aktionen teilgenommen haben. Zahlenmäßig vorneweg seien BMW und Audi, die in München, Regensburg, Landshut und Ingolstadt bei gemeinsamen Aktionen mit anderen Betrieben insgesamt über 25.000 Warnstreikende auf die Beine gebracht hätten. Die IG Metall fordert in der laufenden Tarifrunde eine Erhöhung der Entgelte um 5,5 Prozent und eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 60 Euro.

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Die Tarifverhandlungen 2013

Die IG Metall fordert 5,5 Prozent mehr Geld, die Arbeitgeber bieten bislang 2,3 Prozent. Seit Ende der Friedenspflicht haben sich allein in Baden-Württemberg über 100.000 Beschäftigte an den Warnstreiks beteiligt. Auch in anderen Bundesländern gab es zu Beginn der Woche neue Warnstreiks, einem Abschluss in Baden-Württemberg wird aber Vorbildcharakter eingeräumt. „Wir brauchen deutliche Impulse für die Kaufkraft der Menschen im Land, das fördert den Konsum“, sagte IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann von der IG Metall Baden-Würtemberg.

An der Kölner Kundgebung haben sich die Mitarbeiter der Ford Werke in Niehl, in Merkenich (Entwicklungszentrum, Europäisches Ersatzteilzentrum), Getrag Ford Transmission (GFT) beteiligen sowie zahlreiche Metall- und Elektrounternehmen aus Köln, Leverkusen, dem Rheinisch-Bergischen Kreis sowie der Stadt Langenfeld (u.a. Deutz AG, Federal Mogul, Schütte Werkzeugmaschinen, Oerlikon, AtlasCopco, Geberit Mapress, SKF u.v.m.) beteiligt. Hintergrund sind die III. Tarifverhandlung in NRW, die ab 16.00 Uhr in Leverkusen (Bay-Arena) stattfinden.

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Autor: Daniel Deininger, ag, dts
Foto: 5,5 Prozent mehr in den Arbeitnehmertopf fordern die Metaller heute auf dem Warnstreik in Köln Niehl