Köln | Die Konjukturschwäche ist auch auf dem Kölner Arbeitsmarkt angekommen: Die Zahl der Arbeitslosen steigt, die Stellenangebote gehen zurück. Die Kölner Agentur für Arbeit betrachtet den Markt dennoch als stabil und sieht positive Signale für die Zukunft. Arbeitnehmervertreter kritisieren den Trend hin zu befristeten Beschäftigungsverhältnissen und setzen auf den Fachkräftemangel als mögliches Korrektiv. Der doppelte Abiturjahrgang im nächsten Jahr bereitet der Arbeitsagentur keine größeren Sorgen.

Die positive Entwicklung des Jahres 2011 konnte in 2012 nicht fortgesetzt werden. „Im Jahr 2011 haben wir größtenteils von Nachholeffekten aus der Finanzkrise profitiert. Das ist jetzt vorbei.“, so Roswitha Stock, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Köln. Als Resultat der insgesamt abflauenden Konjunktur gebe es mehr Entlassungen, weniger neue Arbeitsaufnahmen und steigende Arbeitslosenzahlen. Im November 2012 waren über 48.000 Menschen arbeitslos gemeldet, 8,5 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Dennoch geht die Arbeitsagentur nicht von einem größeren Einbruch aus. „Die Beschäftigung wächst verlangsamt weiter und die Unterbeschäftigung nimmt ab. Das sind positive Signale.“, erklärte Stock. Als Unterbeschäftigte zählen arbeitssuchende Bürger, die sich etwa in Weiterbildungsmaßnahmen befinden oder aufgrund ihres Alters als schwer vermittelbar gelten. Im November diesen Jahres fielen rund 20.000 Kölner in diese Kategorie.

Fachkräfte mit guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt

Ein Grund für den abflauenden Arbeitsmarkt ist laut Arbeitsagentur die abwartende Haltung der Unternehmen. „Viele Betriebe halten sich derzeit mit der Einstellung neuer Kräfte zurück und warten die weitere konjunkturelle Entwicklung ab.“ so Stock. Qualifizierte Fachkräfte hätten jedoch gute Chancen auch nach einer Entlassung wieder einen Job zu finden. Insbesondere Erzieher und Krankenpfleger würden in Köln gesucht, betonte Stock. Der demografische Wandel könnte den Fachkräftemangel weiter verstärken. „Bei den Kraftfahrern sind beispielsweise die Hälfte der Beschäftigten über 50 Jahre alt. An Nachwuchs mangelt es jedoch erheblich.“, erklärte Stock.

Auch bei den Ausbildungsabschlüssen sind Rückgänge zu verzeichnen. Dabei gab es schon 2011 mehr unbesetzte Ausbildungsstellen als unversorgte Bewerber. Die Arbeitsagentur will daher weiter auf Netzwerkarbeit setzen und diese ausbauen. „Wir werden weiter Überzeugungsarbeit bei den Unternehmen leisten müssen. Kein junger Mensch darf auf dem Weg in der Beruf alleingelassen werden“, betonte Stock. Dem doppelten Abiturjahrgang im kommenden Jahr blickt die Arbeitsagentur gelassen entgegen. „Wie die Erfahrung in Baden-Württemberg gezeigt hat, führt ein doppelter Abiturjahrgang nicht zwangsläufig zu einer Überlastung des Ausbildungsmarktes.“, so Stock. Viele Abiturienten würden ein Studium aufnehmen. Der Rest dränge zwar in Ausbildungsberufe, aber traditionell eher in andere Bereiche, als die Nicht-Abiturienten.

Trend zu befristeten Beschäftigungsverhältnissen

Gerade bei jungen Menschen sieht die IG-Metall Köln-Leverkusen einen Trend hin zu Zeitarbeit und befristeten Beschäftigungsverhältnissen. „Im Anschluss an eine abgeschlossene Ausbildung erhalten die jungen Leute befristete Verträge. Die Probezeit wird dadurch auf bis zu sechs Jahre ausgedehnt.“, betonte Witich Roßmann von der IG-Metall Köln-Leverkusen. Da sei es nicht verwunderlich, wenn die Schaffung von Kita-Plätzen oder die Einführung des Betreuungsgeldes nicht zu höheren Geburtenraten führe. „Den jungen Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen fehlt die Grundsicherung. Da gründet man keine Familie.“, so Roßmann. Der Fachkräftemangel könnte es in Zukunft jedoch notwendig machen, die Mitarbeiter über unbefristete Arbeitsverträge an das Unternehmen zu binden.

Arbeitgeber auf Zeitarbeit angewiesen

In Zeiten schneller gewordener Konjunkturwechsel sei es für Arbeitgeber jedoch unerlässlich geworden, angemessen auf Krisen reagieren zu können, betonte Wolfgang Reß, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes kölnmetall. Daher sei auch die Zeitarbeit ein unverzichtbares Instrument zum Abwickeln von sowohl guten als auch wirtschaftlich schlechteren Zeiten. „Zudem verändert sich das Leben und Arbeiten grundsätzlich. Alles wird flexibler, mobiler und auch volativer.“, so Reß. Befristete Arbeitsverhältnisse dürften daher nicht als grundsätzlich negativ angesehen werden. In Köln ist die Zahl der in Zeitarbeit Beschäftigten nach zweijährigem Zuwachs derzeit rückgängig. Die Zeitarbeit gilt als frühzeitiger Indikator für die Konjunkturentwicklung. Aufgrund von kürzlich in Kraft getretenen Gesetzesänderungen, die die Attraktivität der Zeitarbeit für Unternehmen gesenkt haben, seien die Zahlen jedoch differenziert zu betrachten, betonte Reß.

Autor: Christian Bauer