Köln | Seit mittlerweile 14 Jahren gibt es den Friseursalon „Coiffeur Rose“ in der Berliner Straße in Köln-Mülheim. Inhaber Ali-Ekber Gül (41) kam im Jahr 2000 aus der Türkei und eröffnete den Salon, in dem er aktuell sechs Mitarbeiter beschäftigt. Seit neun Jahren bildet der Salon auch Azubis aus. Warum Gül zu den wenigen Kölner Handwerkern mit Migrationshintergrund gehört, die auch ausbilden, erläuterte er im Gespräch mit der Kölner Landtagsabgeordneten Serap Güler (CDU) und Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln.

Im Gespräch mit dem Betriebsinhaber ging es Güler und Weltrich vor allem um die Fragen, wie Jugendliche ausländischer Herkunft für die Berufsausbildung gewonnen werden können, welche Unterstützung Migrantenbetriebe, die ausbilden wollen, brauchen und, wie die Perspektiven des Wirtschaftsstandorts Köln-Mülheim auch im Zusammehang mit dem Strukturförderprogramm „Mülheim 2020“ sind.

Aktuell drei Friseur-Azubis

Aktuell beschäftigt Gül in seinem Salon drei Azubis, zwei von ihnen im dritten Ausbildungsjahr, ein Azubi hat gerade begonnen. Die meisten seiner Azubis seien handwerklich sehr begabt, hätten aber Schwierigkeiten mit dem theorischen Teil der Ausbildung an der Berufsschule. „Jugendliche, die sich hier für eine Friseur-Lehre bewerben, haben meistens keine guten Schulzeugnisse“, erklärt er. Die Schwierigkeiten, die sie aus der allgemeinbildenden Schule mitbrächten, setzten sich dann häufig an der Berufsschule fort. Dies habe schon häufig zu Frustrationen bei seinen Lehrlingen geführt, so Gül. Hinzu komme, dass die Eltern seiner Azubis, ebenfalls alle mit Migrationshintergrund oft wenig aufgeklärt über das duale Ausbildungssystem in Deutschland seien. Sie suchten dann oft die Schuld beim Ausbildungsbetrieb. Oft habe er deshalb schon an zwei Fronten kämpfen müssen, zum einen als Motivator bei den Azubis zum anderen durch Aufklärung der Eltern, die auf der Seite ihrer Schützlinge stünden, wenn etwas während der Ausbildung nicht funktionierte. Dies sei auch oft eine Herausforderung und zusätzlicher Stress, den sich viele seiner Kollegen nicht antun wollten.

Perspektiven bieten

Doch Gül nimmt die Herausforderung gerne an, will Jugendlichen eine Perspektive geben, die es aufgrund ihrer Schulnoten auf dem Ausbildungsmarkt schwer haben: „Ich war früher auch nicht gerade der beste Schüler. Trotzdem ist aus mir ein guter Friseur und ein erfolgreicher Geschäftsmann geworden.“ Einige seiner Azubis hätten nach einem schwierigen Start ein großes Talent entwickelt, führten mittlerweile ihre eigenen Betriebe. Oft sei die Ausbildung mehr als nur das Vermitteln von Fertigkeiten. Jugendliche, die frisch von der Schule kämen, hätten meist keine Ahnung vom richtigen Leben, hätten oft auch Schwierigkeiten, sich in das Verhältnis Ausbilder – Azubi einzulassen und sich etwas sagen zu lassen.

Größte Hürde: Bürokratie

Die größte Hürde dafür, dass Inhaber von Handwerksbetrieben mit Migrationshintergrund sich nicht dazu entschlössen, eigenes Personal auszubilden, ist laut Gül jedoch bürokratischer Natur. Er selbst hatte große Schwierigkeiten, seinen Meistertitel im Friseurhandwerk anerkannt zu bekommen. Zunächst habe ihm die damals dafür zuständige Bezirksregierung Köln die Anerkennung verweigert. Als er dann bei der Bezirksregierung in Düsseldorf mit den selben Dokumenten vorstellig geworden sei, habe diese ihm seinen Titel anerkannt. Ein Sachverhalt, den er nicht ganz nachvollziehen könne.    

Selbst ausbilden darf Gül dennoch nicht, dafür fehlt ihm die offizielle Befähigung zum Ausbilder. Daher beschäftigt Gül einen Mitarbeiter, der über einen Ausbildereignungsschein verfügt. Einen solchen Schein zu erwerben sei für ihn nicht möglich, so der 41-jährige Friseurmeister, weil er den dafür notwendigen dreimonatige Kursus nicht besuchen kann. Er könne es sich finanziell nicht leisten, die Schulbank zu drücken, erklärt Gül. Er weiß wovon er spricht: So musste er bereits eine Weiterbildung zum Fachwirt nach einem halben Jahr abbrechen, weil sie ihn beinahe in den Ruin getrieben hätte. Zu groß seien die Umsatzeinbußen gewesen. Hinzu kämen die Kosten, die eine Fortbildung mit sich bringe.

„Gespräch mit Eltern suchen“

„Wir müssen vor allem mit den Eltern von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ins Gespräch kommen, sie stärker miteinbeziehen“, so Ortwin Weltrich nach dem Gespräch mit Gül. Viele der Eltern würden sich nicht mit dem deutschen Bildungssystem auskennen. Daher habe die Kölner Handwerkskammer zusammen mit der Agentur für Arbeit bereits zum fünften Mal eine mehrsprachige Ausbildungsbörse veranstaltet, auch im Berührungsängste abzubauen. Damit für die Eltern und Großeltern keine Sprachbarrieren im Wege stehen, gibt es zu der Veranstaltung Unterstützung durch Übersetzer für die Sprachen Türkisch, Russisch, Italienisch und Griechisch. Wenn der gewählte Ausbildungsbetrieb dann ebenfalls von Migranten geführt werde, so Weltrich, könne dies zusätzlich helfen, Barrieren abzubauen.

Konzepte erarbeiten

Der Friseursalon von Ali Gül war die erste Station von Güler und Weltrich. Am Nachmittag ging es weiter zu einem migrantengführten Kfz-Betrieb in Buchheim, der aktuell einen Lehrling zum Fahrzeuglackierer ausbildet. Die Handwerkskammer will mit diesen Besuchen eine Art Bestandsaufnahme bei migrantengeführten Ausbildungsbetrieben machen, um so Konzepte erarbeiten zu können, die dazu beitragen, dass sich mehr Betriebsinhaber mit Migrationshintergrund dafür entscheiden, selbst auszubilden. „Aktuell gibt es auf der Keupstraße in Köln-Mülheim unter den zahlreichen Geschäften dort nur einen Betrieb, eine Feinbäckerei, die derzeit ihre eigenen Lehrlinge ausbildet“, so Serap Güler. Hier sei auch die Politik gefordert, bessere Anreize und Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich auch dort mehr Betriebe fänden, die Jugendlichen einen Ausbildungsplatz anböten.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Vlnr.: Dr. Ortwin Weltrich, Serap Güler, Ali Gül.