Mord im großbürgerlichen Kölner Milieu. Die Familie Seibt, Hersteller von Babyartikeln steht für Familie, Glück und heile Welt. Doch dann findet man die Leichen des Geschäftsführers, seiner Geliebten und seiner Frau in der Kölner Stadtwohnung der Familie. Marie Brand (Mariele Millowitsch), Kommissarin bei der Kölner Mordkomission und ihr Kollege Simmel (Hinnerk Schönemann) ermitteln.

Report-k.de traf sich mit den Hauptdarstellern gemeinsam zum Gespräch und die überzeugende Dynamik die sich in den Dialogen zwischen „Maria Brand“ und „Simmel“ im Fernsehfilm zeigen, entwickelten sich auch im Gespräch. Diese Dialoge geben dem Fernsehkripo-Team eine überzeugende Kraft.

Report-k.de: Die neue Folge von „Marie Brand“ spielt im großbürgerlichen Milieu. Ein Milieu von dem Sie besonders fasziniert sind? Ist das die Stärke des Drehbuchs?
Mariele Millowitsch (MM): Ich bin mir da jetzt nicht so sicher, ob unbedingt die Tatsache dass die aktuelle Folge im Industriellenmilieu angesiedelt ist, ein besonderes Spannungsmoment darstellt. Für mich ist die Tatsache, dass Menschen nicht die Wahrheit sagen, herumtricksen, falsche Schlüsse ziehen und letztendlich falsche Entscheidungen treffen das Besondere am Drehbuch. Solches Fehlverhalten findet man in jeder sozialen Schicht. (schaut Hinnerk Schönemann an und sagt zu ihm gewandt: natürlich nicht in Deiner Person und Deinem Umfeld)
Hinnerk Schönemann (HS): Du hast mich jetzt aber bei Fehlverhalten angeguckt….
MM zu Hinnerk Schönemann: (lacht) Nein, ich wollte nur Deine Zustimmung haben, dass solche Verhaltensweisen überall stattfinden können. Ich glaube das ist, wie man so schön sagt parteiübergreifend.

Report-k-de: …aber auf einem so hohen Niveau auch?
MM: Ich denke: Ja. Das man Fehler macht, oder Dinge schief laufen, hat nichts mit Intelligenz, Ausbildung und Geld zu tun. Auch dass man nicht zuhört, oder nur selektiv wahrnimmt. Immer dort, wo Menschen miteinander zu tun haben. Gerade innerhalb von Familienstrukturen glaube ich, dass da mehr ist, was zwischen Himmel und Hölle passiert, als wir uns vorstellen können. Auch wenn man das gleiche Blut hat, wie man so schön pathetisch sagt, bestimmt das noch nicht, dass alles gut läuft, dass man zusammenhält und freundlich miteinander umgeht.

In so einer verzwickten Lage spielt das psychologische Porträt ja eine große Rolle und das spielen Sie in der Rolle der Maria Brand ja sehr stark aus. Auch die Rolle der Intellektuellen, so kommen Sie zumindest rüber?
MM: Oups, wie ist das denn passiert?

Also Sie nehmen die Rolle der Intellektuellen so nicht wahr, auch wenn sie damit wie bei der Ravelnummer kokettieren?
HS: (lacht)
MM: Ganz zu Anfang, als wir die Rolle der Marie Brand angelegt haben, sollte sie eine Hochbegabung haben. Dann haben wir aber gemerkt, eine Hochbegabung zu spielen wirkt merkwürdig. Also haben wir uns entschieden, ihr eine ganz ganz flotte Auffassungsgabe mitzugeben und dass sie sich Sachen unglaublich gut merken kann. Dadurch hat die Figur der Marie Brand Überraschungsmomente.

Auf der anderen Seite braucht sie aber auch immer einen Simmel, der ihr wieder aus ihrem Mist heraushelfen muss. Dann kann man in der einen Szene auch behaupten, dass sie ganz genau weiß, welches Klavierkonzert von Ravel gemeint ist. So macht mir die Rolle viel Spaß, denn ich selbst weiß es nicht. Und ich hab noch nicht einmal soviel (schnippt mit dem Finger) Auffassungsgabe von der behaupteten von Frau Brand. (Understatement) Wäre schön, wenn ich es hätte. Marie Brand liest ein Buch und kann sich alle Fakten merken. Also ich lese ein Buch dreimal und kenne die Fakten immer noch nicht. Aber ein kleiner Unterschied muss ja sein, eigentlich bin ich ja der Simmel.
HS: Nee
MM: Nein, ich mache nur einen Scherz

In der Rolle des Simmel wirken Sie auf uns mehr wie der Bruder Leichtfuß aber mit Gewissen und Verantwortungsbewusstsein. Herr Schönemann trifft diese Charakterisierung so ihr Verständnis der Rolle?
HS: Nee, kann schon sein. (Pause) Also ich nehme halt in meiner Rolle vieles Eins zu Eins und bin ja auch ein bisschen unbedarfter. Ich würde gerne so ein Bulle sein aus den amerikanischen Serien. Aber ich muss mich hier im deutschen Krimi natürlich ganz schnell mit der Bürokratie auseinandersetzen.
MM: Aber unbedarft finde ich Dich nicht? Manchmal legen sich bekannte Fernsehbilder über die Figur des Simmel.
HS: Wie auch immer. Wenn ich die Rolle spiele, habe ich immer vorab ein festes Bild im Kopf und das werde ich dann nicht los. Erstaunlicherweise stimmt das Bild am Ende, wenn man den Schnitt sieht, dann auch.
MM: Jaja, manchmal stimmt das Bild. Das ist echt erstaunlich. Man weiß es vorher nicht-
HS: Tja eben. Ich bin in der Rolle nicht ganz so überlegt, ich spiele sie eher intuitiver. So vom Gefühl her.

Fühlen Sie sich wohl in Ihrer Rolle?
HS: Ja. Ich empfinde die Rolle für mich als eine absolute Perle. Also wirklich. Im meine das auch, weil wir uns jetzt weiter ausprobieren dürfen. Die Rolle des Simmel ist ja nicht nur einmal einen Fernsehfilm spielen, wo man 15 oder 20 Tage gedreht hat wo man ein bisschen was zeigt. Man kann in der Serie „Marie Brand“ die Rolle verfeinern, das macht mir als Schauspieler enorm viel Spaß.

Wieviel Filme haben Sie schon zusammen gedreht?
MM: Drei Filme. Ich habe Hinnerk kennengelernt – ich wusste natürlich wer er war – bei den Dreharbeiten zur Familienanwältin. In den letzten beiden leider nicht mehr ausgestrahlten Folgen der Serie spielt Hinnerk einen Kriegsheimkehrer aus Bosnien, der ein posttraumatisches Belastungssyndrom aufweist und am Ende durchdreht. Diese Rolle hat Hinnerk so toll gespielt, dass ich oft Maulaffen feil gehalten hab, wo er die Kraft und die Energie hernimmt und wie er die Rolle angeht. Da hat man bei mir natürlich offene Türen eingerannt, als es hieß, ich kann mit Hinnerk Schönemann weiterarbeiten. Yes, Klasse, war ich echt begeistert.

Entwickeln sie die Figuren im Zusammenspiel?
HS: Ja, wir spielen uns die Bälle zu. Ich sag mal so, das ist eine Art necken. Da legen wir uns schon mal Stolpersteine in den Weg, mit denen der Gegner, nein Partner, dann umgehen muss.
MM: Schöner Versprecher Hinnerk.
HS: Ja ne, bist Du ja in diesem Sinne vielleicht auch so in der Rolle.
MM: Also die Mischung von Partner und Gegner ist Gärtner.
HS: Gärtner? Also wir stellen uns da schon mal mit Absicht ein Bein.

Also zum Beispiel in der Szene, als es um den Schwangerschaftstest im Auto geht?
MM:
Ja, wir haben  das Glück, dass wir gute Dialoge haben. Das Buch von Eckehard Ziedrich, hat uns da sehr geholfen.
HS: Genau
MM: Manchmal können wir unsere Blödeleien nicht so in den Drehmoment mit hinein nehmen, wie wir das gerne möchten. Aber es macht einfach Spaß, bevor die Kamera läuft einfach nur rumzufrotzeln, da kommt man in eine gute Stimmung. Das kann man mit Hinnerk toll, und dann haben wir da eine andere Basis, für den Moment wenn die Kamera läuft.
HS: Ja das bekommt dann so eine Leichtigkeit, das wirkt dann nicht verklemmt oder so, dadurch wird das Spiel einfach lockerer.
MM: Das stimmt.
HS: Dadurch bleibt man selbst auch offener und macht nicht zu.

Haben Sie vor der Staffel bei der Kölner Mordkommission hospitiert, oder 500 Tatorte angesehen?
MM: Ich schaue immer Tatort. Sonntagabend ist bei mir immer Tatortabend. Ich liebe das, ich muss sehen, was die Kollegen machen.
HS: Ich habe viel bei der Polizei gearbeitet. Ich bin mit auf Polizeistreifen gefahren. Nicht nur für Simmel. Ich kenne auch viele Polizisten und habe mir zeigen lassen, wie man Waffen hält.
MM: Das musst Du ja auch, ich lange keine Waffe an.
HS: Ich werde das jetzt noch vertiefen und habe in Mecklenburg den Polizeipräsidenten angeschrieben. In meinem Sportverein sind viele Polizisten und die habe ich gefragt, ob sie mir zeigen können, wie man jemanden richtig festnimmt. Damit das nicht albern aussieht. Die Genehmigung ist jetzt da, und werde in den nächsten Wochen einen Kurs machen, wie man Waffen hält. Damit das dann noch besser aussieht.
MM: Ja, du musst das ja viel mehr wissen als ich.
HS: Ja müsstest Du aber auch.
MM: Ich nehme keine Waffe in die Hand.
HS: Aber du müsstest das trotzdem.
MM: Nein, ich lehne Waffen  generell  ab. Außerdem stehen sie mir nicht. Ich hab da mal bei RTL eine Kommissarin mit  Waffe gespielt, das sieht dämlich aus.
HS: ja. (lacht)
MM: Als wir eben diese Kommissarin – Mona Seiler –  gedreht haben, ging es darum, eine Durchsage über Walky Talky oder Funk an die Kollegen machen…
HS: Bestimmt falsch gehalten
MM: Ne, aber falsches Zeug geredet. Du sagst im richtigen Leben nicht offen, da rennt einer um die Ecke. Dann habe ich in Köln bei der Polizei angerufen und gefragt gibt’s da Kürzel oder so?
HS: Ja, na klar
MM: Die Jungs haben mir dann einen Text gegeben, den ich sagen durfte. Die Kölner Polizei war da ausgesprochen hilfsbereit.

Köln ist Kulisse, das kölsche Momentum aber fehlt, also da trinkt niemand Kölsch oder spricht Kölsch. Stört Sie das?
MM: In manchen Tatorten gibt es eine regionale Abstufung, etwa am Bodensee ist dann eine Kleinrolle besetzt, die dann breitesten Dialekt spricht. Damit habe ich ein Problem. Da ist es mir lieber alle sprechen Hochdeutsch. Gar nicht mag ich es, wenn Lokalkolorit aufgemacht wird, das nur auf einer bestimmten Ebene angesiedelt ist. Zu Hinnerk Schönemann Oder Du sprichst Kölsch?
HS: (lacht) Nein, ich bin ja hier nach Köln versetzt worden. Ich komme nicht aus Köln, auch als Simmel nicht.
MM: Nein, Simmel ist kein Kölner
HS: Also, ich muss kein Kölsch trinken. Na ja, würde ich schon machen.
MM: Du würdest kein Kölsch trinken?
HS: Na doch, das ist ja meine Arbeitsstadt. Ich arbeite als Kommissar in Köln. Da würde ich den Kölnern schon gerne ab und zu mal sagen, ich freue mich hier zu sein.
MM: Wie willst du das denn den Kölnern sagen?
HS: Köln ist als Wohnstadt zu weit weg für mich, aber ich komme sehr gerne zum Arbeiten nach Köln. Ich liebe Köln als Arbeitsstadt.
MM: Ja, das geht mir auch so. Also ich kann überall auf der Welt leben und komme klar. Aber so richtig das Herz geht mir hier in Köln zu Hause auf.

Vielen Dank für das Gespräch.

Marie Brand und die Nacht der Vergeltung
Fernsehfilm

Ostersonntag, 12. April 2009
20:15 Uhr
ZDF

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung