Dr. Dieter Steinkamp, Vorstandsvorsitzender der Rheinenergie geht bald in Ruhestand. Der Screenshot zeigt Steinkamp auf der Jahrespressekonferenz des Unternehmens am 15. Juni 2022.

Köln | Nach Abzug aller Steuern hat die Rheinenergie einen Gewinn von 173 Millionen Euro für 2021 ausgewiesen und damit drei Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Zudem sank die Zahl der Mitarbeiter*innen. Die Rheinenergie will sich verstärkt auf den Weg der Dekarbonisierung der Kölner Energieversorgung machen.

Aus dem Gewinn wird die Rheinenergie an ihren Gesellschafter die Westenergie AG 28 Millionen Euro überweisen. 10 Millionen Euro wird die Rheinenergie zur Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis zurückstellen und 135 Millionen Euro an die GEW Köln AG abführen. Dabei investierte die Rheinenergie weniger als im Jahr zuvor mit 114 Millionen Euro (Vorjahr 147 Millionen Euro). Die Investitionen kamen vor allem der Infrastruktur zugute. Die Zahl der Mitarbeiter*innen sank auf 2.713 und damit um 60. Diese Zahl erfasst nicht Auszubildende und Beschäftigte in der Freistellungsphase der Altersteilzeit.

Dabei verkaufte die Rheinenergie mehr Strom: 10,90 Milliarden Kilowattstunden statt 10,38 Milliarden Kilowattstunden. Auch mehr Erdgas wurde 2021 abgesetzt: 8,31 Milliarden Kilowattstunden und liegt damit 155 Millionen Kilowattstunden über den Verbräuchen von 2020. Die Rheinenergie führt dies vor allem auf den härteren Winter 2021 zurück. Dieser zeigt zudem Auswirkungen bei der Fernwärme. Hier lag der Absatz mit 1,25 Milliarden Kilowattstunden über dem Wert des Jahres 2020 mit 1,09 Milliarden Kilowattstunden. Ein Minus im Absatz gibt es bei der Rheinenergie lediglich im Bereich des Wasserverkaufs: Hier sank die Menge von 85,31 Millionen Kubikmetern auf 79,47 Millionen Kubikmeter in 2021.

Das plant die Rheinenergie für 2022 bei Umsatz und Gewinn

Die Rheinenergie AG will im Geschäftsjahr 2022 ihren Umsatz auf rund 2,6 Milliarden Euro steigern und peilt ein Ergebnis vor Ertragssteuern von rund 165 Millionen Euro vor Ertragssteuern an. Bei ihren Investitionen setzt das Kölner Unternehmen weiter auf den Ausbau ihrer Netze und auf die Erneuerbaren Energien.

Jammern berechtigt?

Der Kölner Energieversorger sprach bei seiner Bilanzpressekonferenz 2021 sehr viel über die Marktbedingungen vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, der hohen Inflation, aber auch der Corona-Pandemie, die sich unter anderem in den Kosten für die Beschaffung widerspiegelten. Manchmal drängte sich der Eindruck auf, dass das Unternehmen darunter leide, wie – um ein Beispiel zu nennen – ein Kulturbetrieb, der in den Lockdown gezwungen war. Dass Kaufleute gerne klagen ist bekannt. Dennoch stellt sich hier vor dem Hintergrund der Kennzahlen die Frage, ob die Rheinenergie nicht ein wenig zu stark jammert. Ihr Geschäftsmodell ist und war weder von der Pandemie noch von dem Krieg direkt bedroht, allenfalls von den Sanktionen. Denn das Licht, die Heizung und den Wasserhahn drehen Menschen immer auf. Und wie Steinkamp es auch klar formulierte, zur Not werden die Preise zeitnah angeglichen.

Rheinenergie macht sich auf den Weg der Dekarbonisierung mit mehr Dampf

Deutlich wurde aber eines: Das Unternehmen muss sich gewaltig auf die Hinterbeine setzen, um der einzig wirklichen Bedrohung zu entgehen: Es kann keine Energie mehr einkaufen, weil sie schlicht nicht zur Verfügung steht oder hat Energie aus eigener Produktion nicht verfügbar. Dies und nur das bedroht das Geschäftsmodell der Rheinenergie. Hier gibt es Good News: Nachdem die Rheinenergie, vorsichtig formuliert, viele Jahre eher auf der Bremse bei den Erneuerbaren Energien stand und eine solche Einschätzung immer negierte, ist jetzt mächtig Druck im Kessel. Steinkamp, der zwar in wenigen Tagen als Vorstandsvorsitzender aufhört, gibt diesen weiter und macht Tempo. Das ist die wirklich gute Nachricht zum Ende der 15-jährigen Amtszeit von Steinkamp. Es geht dabei um die Dekarbonisierung der Kölner Energieversorgung.

Auf jedem Quadratmeter Dachfläche Solar

Jetzt fordert Steinkamp auf jedem Quadratmeter geeigneter Kölner Dachfläche Solar. Das Kraftwerk in Merkenich wird 2025 nicht mehr mit Braunkohle betrieben, bei dieser Entscheidung bleibt die Rheinenergie, auch gezwungen durch den Kompromiss mit der Bürgerinitiative Klimawende. Eine Großwärmepumpe soll für die Fernwärme eingesetzt werden. 200 Millionen Euro will die Rheinenergie in die Erneuerbaren in den kommenden Jahren investieren. Von den Kölner Bürger*innen und den Naturschutzverbänden fordert Steinkamp mehr Toleranz, wenn die Dekarbonisierung gelingen soll und von der Stadt schnellere Genehmigungsprozesse. 6 große Photovoltaikanlagen will die Rheinenergie bauen, etwa im Kölner Norden, und damit 33.000 Kölner Haushalte versorgen. Dies seien „low hanging fruits“, so Steinkamp der beklagt, dass die Genehmigungsprozesse der Stadt zu langsam gingen, um diese zu ernten. 105 Dächer, die sich auf städtischen Gebäuden befinden, sollen zeitnah geprüft werden, ob hier Sonnenenergie eingefangen werden kann. Steinkamp fordert die Aufhebung der Windvorrangzone im Kölner Norden und eine weitere Diskussion um Windkraft auf dem Stadtgebiet Köln.

Wasserstoff

Mit dem Industrieunternehmen KHD kooperiere die Rheinenergie und teste ab Montag einen Wasserstoffmotor als Einsatz in einem Blockheizkraftwerk zur Nahwäremproduktion. Dies sei keine Brennstoffzelle, sondern ein Motor, der Wasserstoff verbrenne, der nun im Echtbetrieb zur Energieerzeugung getestet werde. Wasserstoff im Großmaßstab in den großen Kraftwerken der Rheinenergie in Köln soll gemeinsam mit Siemens und Wien-Energie angegangen werden. Die Rheinenergie-Kraftwerke, die jetzt umgestellt werden, seien Wasserstoff ready bei den Herstellern bestellt, so Steinkamp. Mit Shell kooperiert die Rheinenergie ebenfalls beim Einsatz von Wasserstoff.

All diese Beispiele zeigen, die Rheinenergie macht sich mit Volldampf auf den Weg in Richtung Dekarbonisierung. Sie will damit ihre Abhängigkeiten von Lieferanten fossiler Energien verringern. Das ist ein gutes Signal aus der Bilanzpressekonferenz des Kölner Energieversorgers, der sogar seine Wasserkraftwerke durch die Versorgung mit erneuerbarer Energie autark machen will, zumindest ein Erstes.

Super-Gau

Es ist richtig, dass Steinkamp aber auch mahnt. Die Entwicklungen um die Gaspipline Nord-Stream-1 sieht der Rheinenergie-Chef mit Sorge. Die Rheinenergie bereitet sich und ihre Großkunden mit einem Koordinierungsstab auf eine Gasmangellage vor. Hier sei das Unternehmen in Kontakt mit Kunden falls der Super-Gau eintrete und Lieferverträge etwa nicht mehr eingehalten werden könnten, also die Märkte zusammenbrechen.