Köln | Der VDI und VDE in Köln veranstalten zum vierten Mal am Freitag, den 14. Juni 2013 die Nacht der Technik. Unter anderem will man mit der Aktion, bei der sich 50 Großunternehmen, zum allergrößten Teil aus der Old Economy aus Köln vorstellen, Nachwuchs gewinnen. Allerdings kosten die ermäßigten Tickets für Schüler und Studenten acht Euro. Für sechs Stunden und den Besuch von Unternehmen, die auch noch für sich werben, ein happiger Preis und kein Anreiz die Nacht der Technik zu besuchen.

Alle sprechen vom fehlenden Nachwuchs und verlangen von diesem Eintritt

Sowohl Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters, als auch Regierungspräsidentin Gisela Walsken, schreiben in ihren Vorworten zum Booklet der 4. Nacht der Technik , wie wichtig die Gewinnung von Nachwuchs im technischen Bereich ist. Walsken ermuntert sogar besonders Mädchen: „Schaut Euch an, wo und wie Technik funktioniert“. Auch Dr.-Ing. Joachim Schneider, VDE Präsident spricht diesen Aspekt an: „Außerdem erhoffen wir uns gerade von Kindern und Jugendlichen großes Interesse für die Nacht der Technik“ und Prof. Dr.-Ing. Udo Ungeheuer vom VDI unterstreicht dies ebenso: „Ganz besonders freue ich mich, dass wir vor dem Hintergrund des immer noch spürbaren Arbeitskräftemangels in technischen Berufen mit der Nacht der Technik jungen Menschen die Möglichkeit bieten, Technik kennenzulernen, zu begreifen und in der Praxis zu erleben.“ Ob allerdings junge Menschen dieses Angebot vor dem Hintergrund des teuren Eintritts wahrnehmen ist fraglich. Vor allem für technisch interessierte Talente aus sozial schwachen Familien ist eine Teilnahme völlig unerschwinglich. Denn die Eltern bekommen etwa nach dem Hartz IV Regelsatz für den jungen Menschen nur 289 Euro im Monat, das sind 9,63 Euro am Tag. Die Taschengeldtabelle rät übrigens zu 35-45 Euro für 16 und 17-Jährige. Wie bitte soll man da ein Ticket von 8 Euro bezahlen? Gut, wem es gelingt in seiner Schulklasse oder Kurs neun Gleichgesinnte zusammenzuscharen, dann zahlen die 10 Schüler je nur drei Euro und können einen gut verdienenden Lehrer umsonst mitnehmen. Auch eine seltsame Logik.

An der Nacht der Technik, die übrigens genauso wie die Lange Nacht der Museen funktioniert, also mit Shuttlebussen und Touren, beteiligen sich 50 große Unternehmen aus Köln, vornehmlich aus der Old Economy. Darunter Unternehmen wie RWE Power AG, die Rheinenergie, der TÜV Rheinland, Ford, die Deutsche Post AG, der Chempark Leverkusen, Microsoft, die Deutz AG, die SteB, die Deutsche Bahn AG, die AVG, der WDR, KVB, HGK, General Electric oder der Chemiepark Knapsack. Alles Unternehmen, die es sich leisten können, wenigstens die Schüler einzuladen. Im Jahr 2012 hatte die Nacht der Technik in Köln 5.000 Besucherinnen und Besucher nach Angaben der Veranstalter. Wären dies alles Schüler und Studenten, dann hätten diese bei einem Eintritt von acht Euro maximal einen rechnerischen Umsatz von 40.000 Euro generiert. Teilt man diese 40.000 Euro durch die 50 Unternehmen die teilnehmen, bleiben für jeden nur 800 Euro an Kosten übrig. Nun waren es natürlich nicht 5.000 Schüler, sondern viele Erwachsene, so dass die wahren Kosten geringer wären. Anzeigen und Recruitingmessen sind wesentlich teurer. Vor diesem Hintergrund und der Werbewirkung ist es unverständlich, dass die Unternehmen die Hürden so hoch legen. VDE und VDI sagen, sie können nach ihrer Satzung keine Tickets subventionieren. Man habe diskutiert den Kölnpass mit einzubeziehen, dies aber wieder verworfen. Jörg Detjen von der Linken erklärte auf Anfrage von report-k.de, dass der Kölnpass auch gar nicht so viel gebracht hätte, denn bei regulärem Eintritt von 13 Euro würde das Prinzip der Minderung um 50 Prozent nur 7,50 Euro ermäßigten Eintritt bedeuten. Da es sich aber um eine Werbeveranstaltung der Unternehmen handele, die Nachwuchs für technische Berufe suchten, müsste der Eintritt für Jugendliche kostenlos oder sehr gering sein, so Detjen.

Die lange Nacht der Technik findet am 14. Juni 2013 von 18 bis 24 Uhr statt. Die teuren und nur ab Mittelschicht erschwinglichen Schülertickets machen nachdenklich, ob hier VDI und VDE, möglicherweise unbewusst, über den Preis eine Sozialauswahl treffen. Ihren eigenen Anspruch Nachwuchs für Technik zu begeistern torpedieren sie auf alle Fälle. Auch dass die Programmliste fast ausschließlich die großen Unternehmen und bekannten Namen in Köln und der Region zeigt und wenig Mittelstand oder innovative Newcomer macht nicht neugierig. Wer sich für technische Innovationen interessiert, der sollte, wie in den Jahren zuvor, auf alle Fälle einen Abstecher an die Fachhochschule in Deutz einplanen, die dort Dozenten und Studenten bisher immer präsentierten.

Autor: Andi Goral
Foto: Auch die AVG in der Geestemünder Straße steht auf dem Programm