Köln | Von rund 3000 befragten Handwerksunternehmen in der Region Köln und Bonn beteiligten sich rund 600 an einer Umfrage im Frühjahr 2014 der Handwerkskammer zu Köln (HWK) wie mittelstandsfreundlich die kommunalen Verwaltungen im Kammerbezirk seien. Köln hat die rote Laterne. Die Befragung ist politisch nicht unbrisant kommt sie ungefähr ein Jahr vor dem Ende der Amtszeit Roters, der ja als Heilsbringer für eine bessere kommunale Verwaltung in Köln gepriesen wurde und galt. Sie stellt dem Top-Mann der Kölner Verwaltung ein miserables Zeugnis aus, aber auch der Kommunalpolitik und der Verwaltung selbst. Köln setzen – Platz 7.

„Köln sollte vor dem Rathaus Halbmast flaggen“

Köln könne Halbmast flaggen, wenn es um eine gute kommunale Mittelstandspolitik ginge, malte Dr. Ortwin Weltrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln ein Bild zu den Ergebnissen der Umfrage. Das Köln mittelstandsfeindlich sei, das wollte Weltrich dann aber so spitz auch nicht formuliert wissen. Dennoch werfen einige der Ergebnisse kein gutes Licht auf die Kölner Verwaltung, ganz besonders auf das Baudezernat von Franz-Josef Höing. Und da die Zahlen alleine nicht reichen, hatte man auch mit Marc Schmitz einen Unternehmer aus dem Bereich Sanitär Heizung mit dabei, der die Schwächen der kommunalen Mittelstandswirtschaftspolitik mit seinem Beispiel aufzeigte.

Ein Beispiel aus Kleinkölnkleckersdorf

Schmitz hat einen Handwerksbetrieb, der von fünf auf mittlerweile 55 Mitarbeiter angewachsen ist. Der Betrieb wurde in Müngersdorf gegründet und ist dort immer noch ansässig. Aber sein Umfeld hat sich verändert. War am Betriebssitz früher ein Mischgebiet, also Wohn- und Gewerbegebiet, hat es sich in den letzten Jahren zum reinen Wohngebiet gewandelt. Schmitz will expandieren, suchte daher das Gespräch mit der Wirtschaftsförderung, denen er Kompetenz bescheinigt. Schmitz suchte sich das Lövenicher Gewerbegebiet aus, fand ein Grundstück und ließ nach Absprache mit der Wirtschaftsförderung erste Planungen anstellen. Dann war der Wirtschaftsförderung der Stadt Köln das Grundstück zu klein und sie forderte Schmitz auf, auf einem größeren Grundstück zu planen, der tat dies, neue Planungen, neuer Architekt und neue Kosten. Dann kam das Bauamt erst nach rund vier Monaten hinzu, da dessen einzige Mitarbeiterin krank war. Die befand die größeren Planungen als nicht genehmigungsfähig und wenn dann nur mit Sondergenehmigungen. Das Beste kam dann noch, dann hatte die Stadt Köln zwischenzeitlich den Preis für den Quadratmeter Bauland um 10 Euro nach oben gesetzt. Bei 4500 Quadratmetern sind das eben mal 45.000 Euro. Da zog Unternehmer Schmitz nach über einem Jahr die Notbremse. Jetzt wird nicht expandiert, es gibt keine neuen Arbeitsplätze in Köln und Schmitz bleibt auf Planungskosten von rund 25.000 Euro sitzen. Planungssicherheit schreibt sich anders.

Köln ist Schlusslicht

15 Indikatoren fragte die Handwerkskammer im Frühjahr ab und beim Gesamtranking steht Köln an letzter Position vor Bonn. Ganz anders schlägt sich dagegen Leverkusen, die liegen an Platz Zwei. Wenn Großunternehmen in Köln sich räuspern, dann stünden Wirtschaftsförderung, Politik und Stadtspitze sofort parat, moniert man bei der Handwerkskammer, aber wenn mittelständische Unternehmen etwas planen sei alles schwierig, wie das Beispiel Schmitz zeige, so die Kammer. Und das obwohl die Betriebe des Mittelstandes mehr Menschen als die Industrie in der Kölner Region beschäftigten. Man merkt bei der Handwerkskammer das man dort sauer ist, dass die Politik und Verwaltung so wenig tut. Aber man merkt auch, dass man weiter zum Dialog bereit ist und vor allem Dinge zum Positiven verändern will.

Aber zunächst zu den Fakten der Umfrage. Hier ist Köln Schlusslicht: Bei der Betroffenheit der Unternehmen durch die Verkehrssituation und Staus, beim Parkplatzangebot in der Stadt, bei der Verfügbarkeit von Grundstücken für Betriebserweiterungen oder Neubauten, bei der Wirtschaftsförderung, beim städtischen Planungsamt, bei der Baugenehmigungsbehörde, den Baugenehmigungsgebühren oder bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und im Gesamtranking der örtlichen Verwaltungen. Nur die Ordnungsbehörde sticht heraus, hier ist Köln besser als Leverkusen und Bonn. Besser sieht es für Köln bei den Belastungen mit der Grundsteuer aus, den Gewerbesteuern, aber schon bei den Abfallgebühren und Sondernutzungsgebühren liegt Köln wieder auf dem vorletzten Platz.

Wirtschaftsförderung hat nur Kontakt zur Hälfte des Mittelstandes

Eine wirklich erschütternde Zahl ist, dass über 50 Prozent der Mittelständler sagen, sie hatten noch nie Kontakt zur städtischen Wirtschaftsförderung. Weltrich sagt, dies sei eine Bringschuld der Behörde und nicht eine Holschuld der Unternehmen. Er wolle aber auch keine Vorschläge machen, wie dies verbessert werden könne, sondern sehe die Wirtschaftsförderung in der Pflicht. Am dramatischsten allerdings stellt sich die Situation im Dezernat VI von Baudezernent Höing dar. Baugenehmigungen seien, so Weltrich, eine Pflichtaufgabe der Kommune. Der komme Köln nicht nach. Zwar gebe es angeblich eine 24 Stunden Baugenehmigung, aber ihm persönlich sei niemand bekannt, der diese schon einmal erhalten habe. Dagegen könnten Baugenehmigungen schon mal auch ein Jahr oder länger dauern. Hier gebe es überhaupt keine Planungssicherheit für die Unternehmen. Es gebe zu wenig Personal, so die Aussage der Stadt, zitiert Weltrich. Dann müsse Politik und Verwaltung die Mitarbeiter, immerhin hat die Stadt Köln über 15.000 Mitarbeiter, eben dort einsetzen, wo sie, vor allem für Pflichtaufgaben gebraucht würden. Vor dieser Kritik der Wirtschaft liest man erstaunt, dass etwa die CDU Fraktion im Kölner Rat gestern per Pressemitteilung100 neue Mitarbeiter für das Ordnungsamt forderte, damit Köln sauberer werde und diese die Stadt nichts kosteten, weil sie sich durch Knöllchen refinanzierten. Wäre da nicht die politische Forderung nach mehr Mitarbeitern im Bauamt für die Pflichtaufgaben, nicht höchste Pflicht einer Partei, die sich immer als die Partei des Mittelstandes feiert? Denn neu ist die Kritik der Handwerkskammer zu Köln nicht. Vor der Kommunalwahl hatte die Kammer zu einem Termin alle Fraktionsvorsitzenden eingeladen, an dem auch der CDU Vorsitzende und jetzige Fraktionsvorsitzende der Kölner CDU Bernd Pettelkau teilnahm. Schon damals hatte die Handwerkskammer all diese Schwachpunkte benannt.

Zahlungsmoral der Stadt Köln schlecht

Auf die Frage dieser Zeitung warum man nicht auch die Zahlungsmoral der Städte und Kommunen mit abgefragt habe, erläuterte Weltrich, dass Köln die gesetzliche Zahlungsfrist von 15 Tagen, selbst bei unstrittigen Rechnungen nicht einhalte. Das brauche man nicht abzufragen, weil man das Ergebnis schon vorher kannte, unter anderem aus der Clearingstelle in der HWK und Kreishandwerkerschaft gemeinsam mit der Stadt sitze. Dort werde nie klar wann die Stadt bezahle, ob dies in 15, 20, 30 oder 40 Tagen sei, eben auch bei unstrittigen Forderungen. So wisse die Stadt Köln auch nicht, welche Volumen an Forderungen aus den Nachträgen bei ihr aufgelaufen sei.

Die Lösung das Zertifikat?

Es gibt ein Zertifikat der Gütegemeinschaft Mittelstandsorientiere Kommunalverwaltungen e.V. das die Kommunen selbst ins Leben gerufen haben. Die Handwerkskammer fordert die Kommunen in ihrem Kammerbezirk auf sich zertifizieren zu lassen. Der Oberbergische Kreis hat diese Zertifikat und er hat am besten abgeschnitten. Das Zertifikat legt etwa fest, wie lange die Reaktionszeit auf Anfragen sein darf, das Aufträge nach 15 Tagen bezahlt sein müssen oder das Baugenehmigungen nicht länger als 40 Tage dauern dürfen. Köln lehnt es ab sich zertifizieren zu lassen. Dortmund hat sich zertifizieren lassen, scheiterte bei der Rezertifizierung daran, dass man nicht in 15 Tagen alle Rechnungen bezahlt hatte. Alleine der Zertifizierungsprozess, so ist man sich bei der Handwerkskammer Köln sicher, könne dazu führen, dass Verwaltung und Politik mittelstandsorientierter in Zukunft handeln können und werden. Wer das Ranking sieht fragt sich, was hat der als Verwaltungsexperte gepriesene Oberbürgermeister Roters, der versprochen hat, die stadtkölnische Verwaltung zu verbessern, in all den Jahren verändert? Aber auch die Politik muss sich fragen lassen, wie sie dieses erschütternde Ergebnis nicht nur kommentieren will, sondern auch verbessern.

Autor: Andi Goral