Das Symbolbild zeigt eine S-Bahn.

Köln | Der Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hat ein herausforderndes Jahr hinter sich. So stellen etwa hohe Energiekosten, weniger Umsatz und das 9-Euro-Ticket den Verkehrsbund Rhein-Sieg (VRS) vor Schwierigkeiten. Diese Bilanz zog heute Michael Vogel, Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg.

Hohe Energiekosten

„Die Auswirkungen durch die Corona-Pandemie scheinen zwar ein Stückweit eingebremst zu sein, halten aber weiterhin an. Hinzu kam das 9-Euro-Ticket, das die Einnahmen in der Bilanz 2022 erheblich beeinflusst hat und eine Vergleichbarkeit mit den Vorjahren kaum zulässt“, so Vogel heute.

Zudem ständen die Verkehrsunternehmen vor immensen Herausforderungen aufgrund der durch den Krieg in der Ukraine forcierten Explosion der Energiepreise, erklärte er weiter. Laut dem Statistischen Bundesamt stiegen etwa die Preise für Diesel um 44,77 Prozent im Jahresmittel im Vergleich zu 2021, die Preise für Strom um 22,53 Prozent.

Der Verkehrsbund erwirtschaftete laut ihrer Jahresbilanz im vergangenen Jahr Einnahmen in Höhe von 483,15 Mio. Euro. Das macht ein Minus von 52,03 Mio. Euro im Vergleich zum Jahr 2021 mit 535,18 Mio. Euro. Ein Grund für den Einbruch des Umsatzes – Das 9-Euro-Ticket.

Das 9-Euro-Ticket: über 3 Millionen Tickets verkauft

Das 9-Euro-Ticket war Teil eines Entlastungspakets, das aufgrund der wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gestiegenen Energiekosten beschlossen wurde. „Das 9-Euro-Ticket hat den ÖPNV in ein positives Licht gerückt.“, so Vogel heute. Im VRS-Gebiet verkaufte sich das 9-Euro-Ticket in den Monaten Juni, Juli und August 2022 mehr als rund 3,57 Millionen Mal – so die Bilanz. Der Verbund machte damit einen Umsatz von 32,1 Mio. Euro.

Allerdings sei das 9-Euro-Ticket keine Wirtschaftlichkeit für das Verkehrsunternehmen gewesen, reflektierte Vogel heute weiter. Trotz einer hohen Anzahl von verkauften Stückzahlen lagen die Einnahmen im Jahr 2022 bei 8,4 Mio. Euro. Im Jahr zuvor (2021) machte das Unternehmen einen Umsatz von 59, 8 Mio. Euro und verzeichnet somit in diesem Jahr – auch aufgrund des 9-Euro-Tickets- ein Minus von 51,4 Mio. Euro.

Mehr Spontankäufe, weniger Kundenbindung

Aus der Bilanz geht zudem hervor, dass der Bartarif bei Kund:innen im VRS-Gebiet immer beliebter werde: Der Bartarif meint EinzelTickets, AnschlussTickets, Mehrfahrtentickets und 24StundenTickets im VRS-Bereich. Hier stiegen die Einnahmen um 13,66 Prozent auf 124,88 Millionen Euro.

Besonders beliebt war 2022 das 24StundenTicket bei Kund:innen im VRS-Gebiet. Sie verzeichneten hier ein 58,34 Prozent. Gleichzeitig sind die Einnahmen, so die Bilanz des VRS-Verbunds, bei den Zeitkarten vor allem aufgrund des 9-Euro-Tickets teilweise erheblich zurückgegangen. „VRS-Kunden wollen weg vom Kundenbindungen und tätigen häufiger Spontankäufe“, so Dr. Norbert Rheinkober, ebenfalls VRS-Geschäftsführer.

Handytickets liegen im Trend

Der Trend geht laut VRS-Bilanz zum Handyticket. „Das ist eine erhebliche Veränderung im Kaufverhalten“, betonte Rheinkober. Ein Ticket, das sich schnell über das Smartphone kaufen ließen, führe zudem zu mehr Spontankäufen: „Auf diesen Trend müssen wir uns einstellen“, sagte er weiter.

Spontankauf durchs Smartphone ermöglicht: Der Anteil der Handy-Tickets mache etwa in manchen Angeboten des Bartarifs bereits fast die Hälfte der verkauften Tickets aus. Beim 24-Stunden-Ticket für eine Person liegt der Wert bei 49,3 Prozent.

Mit dem Handyticket erwirtschaftete das Unternehmen 49,59 Mio. Euro und verzeichnet somit ein Plus + 37,41 Prozent.

Eine Aussicht: Das Deutschlandticket

Um das Deutschlandticket bestehe ein „Riesenhype“, so Rheinkober „Wir hoffen das mehr Kundinnen auf den ÖPNV umsteigen mit dem Deutschlandticket“. Das Ticket sei, so er weiter per se ein Abonnement, jedoch sei es monatlich kündbar. Es ermögliche Kund:innen mehr Flexibilität und biete die Möglichkeit sich den Lebensbedingungen der Menschen anpassen.

„Natürlich ist der Preis von 49 Euro im Monat attraktiv und es ist gut zu wissen, dass man mit einem einzigen Ticket den Nahverkehr in ganz Deutschland nutzen kann. Das ist eine enorme Weiterentwicklung im Sinne der Fahrgäste.“, ergänzte Vogel weiter. Bislang habe der VRS 330.000 Deutschlandtickets verkauft, so die Geschäftsführung.

Ein Blick in die Zukunft

Bei den Verkehrsunternehmen in der VRS-Region sei die Lage heikel, so Sascha Triemer, Leiter der Fachabteilung Tarif & Vertrieb. Aktuell sei es schwer durch Finanzierungslücken den Bestandsverkehr aufrecht zu erhalten. Zudem fehle es in den Verkehrsunternehmen an Personal.

Neben den hohen Energiekosten stellen zudem die erwartbaren Tarifabschlüsse die Verkehrsunternehmen vor Herausforderungen. Daher appellieren sowohl die VRS-Geschäftsführung als auch die Spitzen der politischen Fraktionen im Zweckverband an die Entscheider:innen in Land und Bund, sich weiterhin zum Nahverkehr zu bekennen und die Kommunen als Aufgabenträger mit ausreichenden finanziellen Mitteln auszustatten.

Ein erster Schritt sei hier bereits gemacht: Das Landesregierung NRW habe für den Ausgleich der Energiekostensteigerung Ende März eine Unterstützung in Höhe von 200 Mio. Euro zugesagt

rs