Foto: Constantin Graf Hoensbroech


Kölner Domchöre – Erster Tag

Gastbeitrag von Constantin Graf Hoensbroech


Die Kölner Domchöre waren gerade erst einige Minuten auf israelischem Boden, da gab es auch schon die erste Aufregung. Domkapellmeister Eberhard Metternich und  Domkantor Oliver Sperling höchst selbst waren dafür verantwortlich. Als die Gepäckausgabe aus technischen Gründen keine weiteren Koffer auf das Ausgabeband  beförderte und im weiten Rund der  riesigen Halle im Flughafen von Tel Aviv kein Verantwortlicher gesichtet ward, enterten die Chorleiter kurzerhand die Anlage und zerrten die liegengebliebenen Gepäckstücke aus dem Förderschacht – sehr zur Freude der Mitglieder des Koelner Domchors sowie des Mädchenchors am Kölner Dom und sehr zum lautstark ausgedrückten Unwillen des plötzlich doch präsenten Flughafenpersonals. “Ungeahnte Qualitäten” hätten die Chorleiter bewiesen, meinte Alexander (19) anerkennend, während Metternich und Sperling noch einige turbulente Diskussionen führen mussten.


Zunehmend ruhiger wurde es dann aber, als die Kölner Sänger mit ihren Leitern die Busse bestiegen und noch eine sweistündige Fahrt zum See Gennesaret durchstehen mussten. Dort am Pilgergästehaus Tabgha angekommen, wurde die Gruppe sogleich von der eindrucksvollen Atmosphäreergriffen. Im Osten erhob sich die Sonne wie ein glühender Feuerball und begann mit ihren ersten wärmenden Strahlen den still ruhenden See zu streicheln, während gleichzeitig im Westen der noch während der Busfahrt vom Flughafen Tel Aviv bis hierher so gleissend scheinende Vollmond zunehmend verblasste. “Einfach paradiesisch”, brachte Vincent (13) die Stimmung auf den Punkt.


Stimmung war überhaupt das entscheidende Charakteristikum an diesem ersten Tag der achttägigen Konzert- und Pilgerreise der Chöre. Später, nach einem ausgiebigen Frühstück im so einladend gestalteten Pilgergästehaus des Deutschen Vereins vom Heiligen Land, waren es die Sänger selbst, die für Stimmung sorgten. Nach einem Spaziergang von wenigen hundert Metern erreichten sie die Brotvermehrungskirche und gaben in der schlichten, aber so eindrucksvollen Kirche, die dort steht, wo Jesus angeblich das Wunder der Brotvermehrung wirkte, bereits einen bewegenden musikalischen Vorgeschmack auf ihr morgiges Konzert.


Benediktinerpater Jeremias Marseille, der der dortigen fünfköpfigen Ordenskommunität vorsteht und für die Friedensarbeit der ordenseigenen Begegnungsstätte verantwortlich ist, begrüsste die Gäste aus dem Rheinland: “Eure Musik ist für uns ein besonderes Weihnachtsgeschenk”, sagte er und fügte hinzu: “Kinder und Jugendliche sind gerade an diesem Ort ein Zeichen der Hoffnung und des Friedens.” Er sei den Eltern dankbar, dass sie diese Reise ermöglicht hätten, damit die Kinder erfahren: “Es lohnt sich, nach Israel zu reisen.” Pepa (14) bestätigt das. “Es ist schon ein tolles Gefühl, wie schnell wir hier sind und wie  man auf einmal die bekannten Bibelstellen wahrnimmt.” Katharina (13) ergänzt: “Das bleibt ganz anders hängen.”


Allerdings bekamen die Mädchen auf dem weiteren Spaziergang nach Kafarnaum ganz weltliche Sorgen: die Kleiderfrage. Denn dass es auf einmal so warm wurde, dass es sich lohnte, Rock und T-Shirt anzuziehen, damit hatten nicht nur sie nicht gerechnet. So war es denn auch kein Wunder, dass nach den überwiegend touristisch bestimmten Tageslauf vor der ersten Chorprobe am späten Nachmittag die meisten Sänger in der ausgedehnten Pause erst einmal in die Betten fielen. Ferdinand (13) fand jedoch keinen Schlaf, weil sein Freund – der Name sei ausdrücklich nicht erwähnt – so sägte, dass sich die Tapete zu rollen drohte. Constanse (15) und Julia (14) zogen ohnehin vor, sich zur Erholung in ein 26 Grad warmes Wasserbecken im Garten von Tabgha zu legen. Und vor allem die jüngeren Chorknaben spielten lieber am Ufer des Sees, oder – unfreiwillig – in voller Montur im See. Und als sich am späten Abend die rund 70 Chormitglieder in der kleinen Kapelle des Pilgerhauses trafen, drang ihr wärmender Gesang durch die Mauern in die bereits tief dunklen Weiten der Umgebung: “Von guten Mächten wunderbar geborgen.”